Der Einfluss des Klimawandels auf die Anthroposphäre

Martin König, Wolfgang Loibl, Robert Steiger, Horst Aspöck, Birgit Bednar-Friedl, Karl Brunner, Willi Haas, Karl-Michael Höferl

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Abstract

Die Klimafolgen für die Anthroposphäre sind signifikant und führen mit hoher Wahrscheinlichkeit neben strukturellen Schäden auch zu erhöhten Gefahren für die menschliche Gesundheit. Dabei werden vor allem arme, sozial schwächere, ältere oder chronisch kranke Bevölkerungsschichten besonders unter der mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarteten höheren Frequenz und Stärke von Hitzewellen leiden. Ein unterschiedlich hohes zusätzliches Potenzial für die Ausbreitung von bislang hier nicht verbreiteten Infektionskrankheiten besteht mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenso wie ein Potenzial für die (weitere) Ausbreitung allergener Pflanzen und Tiere. Durch den Klimawandel wird mit hoher Wahrscheinlichkeit zusätzlicher Migrationsdruck auf Österreich aus Entwicklungs- und Schwellenländern ausgelöst, dessen Auswirkungen von der politischen Gestaltung auf EU- und nationaler Ebene abhängen. Ebenfalls könnte der Klimawandel einen innereuropäischen Migrationsdruck aus dem von Hitze (wie auch ökonomischen Nachteilen) stärker betroffenen Süd- und Südosteuropa verstärken. Die ökonomischen Auswirkungen des Klimawandels in Österreich werden mit Sicherheit Gewinner und Verlierer nach sich ziehen. Genauere Aussagen sind zum jetzigen Zeitpunkt nur für einige Sektoren möglich, die bereits näher untersucht wurden. Während Elektrizitätswirtschaft und Landwirtschaft bis 2050 sowohl im Sektor selbst (direkte Effekte) als auch nachgelagert (indirekte Effekte) wahrscheinlich nur geringe BIP-Ausschläge zeigen werden, sind für den Tourismus-Sektor sehr wahrscheinlich maßgebliche Verschiebungen innerhalb des Sektors (vom Winter- zum Sommertourismus) sowie zwischen den Regionen - vom Winter-dominierten Tourismus im Westen zum stärker diversifizierten Tourismus im Osten Österreichs - und auch in anderen vorund nachgelagerten Sektoren (z. B. Energie und Gastronomie) zu erwarten. Die in den letzten dreißig Jahren signifikant ansteigenden Schäden durch Naturgefahren bzw. extreme Wetterereignisse können nur zu einem Teil auf tatsächlich steigende Trends in Frequenz und / oder Intensität von Ereignissen zurückgeführt werden. Ein Gros der Schäden war klar bedingt durch ein Anwachsen der exponierten Sachwerte. Besonders schadensträchtige Ereignisse waren dabei Hochwasser gefolgt von Lawinen, während die höchsten Opferzahlen während der Hitzewelle 2003 verzeichnet wurden. Eine wesentliche Rolle für das Risikomanagement spielen entsprechende Rechtsnormen (Bauund Raumordnung) und Schutzmaßnahmen. Die Siedlungsräume in Österreich werden zudem von sommerlichen Hitzewellen sowie in Einzelfällen auch von Beeinträchtigungen bei der Trinkwasserentstehung betroffen sein. Die Verkehrsinfrastruktur ist in Österreich besonders von Massenbewegungen und Hochwässern betroffen. Dass die entsprechenden schadensauslösenden Niederschläge in Zukunft zunehmen werden, ist zu erwarten. Wie stark diese Zunahme genau sein wird, gilt derzeit noch als unsicher. Sehr wahrscheinlich ist hingegen eine zusätzliche Herausforderung für die Energieinfrastruktur durch vermehrt auftretende Hitzewellen bzw. Dürren. Gleichzeitig erhöhte Nachfrage (vor allem für Kühlungszwecke), stockende Bereitstellung (Niedrigwasser bzw. Kühlwassermangel) und Gefahren für das Verteilernetz (Gewitter, oftmals am Ende sommerlicher Hitze- Dürreperioden, wenn die Nachfrage hoch ist - Gefahr von Überschlagsspannung) gefährden die Versorgungssicherheit mit Elektrizität und erhöhen die Gefahr von Black-Outs. Climate change impacts for the Anthroposphere are significant and it is very likely that these impacts are leading to structural damages as well as enhanced threats to human health. Particularly, the poor, elderly and chronically ill will suffer from the higher frequency and magnitude of summer heat waves. A varying potential for the spread of yet non-endemic infectious diseases is very likely, as well as an increased potential for the (further) extension of allergenic plant and animal species. Climate change will very likely trigger increased migration from developing and newly industrialized countries to Europe. To which extent this will lead to more immigration to Austria will depend on policies at the EU- and national levels. The economic impacts of climate change in Austria will very likely produce both winners and losers. However, more precise assessments of the economic impacts are currently only available for certain sectors. The agriculture and electricity production sectors show very moderate GDP-alterations directly in their sectors as well as downstream. The tourism sector is very likely to exhibit stronger changes within the sector and also with other up- and downstream sectors (e. g., energy supply and gastronomy). Within the sector a shift is expected from winter to summer tourism as well as regionally from the west (dominated by winter tourism) to the east with seasonally more diversified tourism. The natural hazard- and weather-related damages observed during the last 30 years depend only to a certain extent onhigher frequency and magnitude of extreme weather events. A large share of the damage increase is related to growing wealth and higher assets of the population. The most damaging events have been floods followed by avalanches, while the largest human casualties have been induced by heat waves. Regulations and planning standards (e. g., building-regulation and spatial planning) play a fundamental role in hazard control and disaster risk reduction. Settlement areas in Austria will very likely be most affected by more intense heat waves, while some regions will be further burdened by constraints in drinking water supply. Traffic infrastructures in Austria are very vulnerable to mass movements and flooding, triggered by heavy precipitation events, which are expected to increase in the future. To which extent frequency and magnitude of such events may increase remains uncertain. Instead, the challenge for energy infrastructures in a warmer and during summer potentially dryer Austria is very likely to be substantial. Higher energy demand during heat waves corresponds with supply constraints (due to less effective cooling water supply), while the threat for power distribution networks because of flash-overs will be particularly high especially during thunder storms at the end of summer heat waves and droughts when cooling demand is at peak.
OriginalspracheDeutsch
TitelÖsterreichischer Sachstandsbericht Klimawandel 2014
Redakteure/-innenHelga Kromp-Kolb, Nebojsa Nakicenovic, Karl Steinninger, Andreas Gobiet, Herbert Formayer, Angela Köppl, Franz Prettenthaler, Johann Stötter, Jürgen Schneider
Seiten641-704
Seitenumfang64
PublikationsstatusVeröffentlicht - 2014

Research Field

  • Ehemaliges Research Field - Energy

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