Abstract
Die Klimafolgen für die Anthroposphäre sind signifikant
und führen mit hoher Wahrscheinlichkeit neben strukturellen
Schäden auch zu erhöhten Gefahren für die menschliche
Gesundheit. Dabei werden vor allem arme, sozial schwächere,
ältere oder chronisch kranke Bevölkerungsschichten besonders
unter der mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarteten höheren
Frequenz und Stärke von Hitzewellen leiden. Ein unterschiedlich
hohes zusätzliches Potenzial für die Ausbreitung von bislang
hier nicht verbreiteten Infektionskrankheiten besteht mit
hoher Wahrscheinlichkeit ebenso wie ein Potenzial für die
(weitere) Ausbreitung allergener Pflanzen und Tiere.
Durch den Klimawandel wird mit hoher Wahrscheinlichkeit
zusätzlicher Migrationsdruck auf Österreich aus Entwicklungs-
und Schwellenländern ausgelöst, dessen Auswirkungen
von der politischen Gestaltung auf EU- und nationaler Ebene
abhängen. Ebenfalls könnte der Klimawandel einen innereuropäischen
Migrationsdruck aus dem von Hitze (wie auch
ökonomischen Nachteilen) stärker betroffenen Süd- und Südosteuropa
verstärken. Die ökonomischen Auswirkungen des
Klimawandels in Österreich werden mit Sicherheit Gewinner
und Verlierer nach sich ziehen. Genauere Aussagen sind zum
jetzigen Zeitpunkt nur für einige Sektoren möglich, die bereits
näher untersucht wurden. Während Elektrizitätswirtschaft
und Landwirtschaft bis 2050 sowohl im Sektor selbst (direkte
Effekte) als auch nachgelagert (indirekte Effekte) wahrscheinlich
nur geringe BIP-Ausschläge zeigen werden, sind für den
Tourismus-Sektor sehr wahrscheinlich maßgebliche Verschiebungen
innerhalb des Sektors (vom Winter- zum Sommertourismus)
sowie zwischen den Regionen - vom Winter-dominierten
Tourismus im Westen zum stärker diversifizierten
Tourismus im Osten Österreichs - und auch in anderen vorund
nachgelagerten Sektoren (z. B. Energie und Gastronomie)
zu erwarten.
Die in den letzten dreißig Jahren signifikant ansteigenden
Schäden durch Naturgefahren bzw. extreme Wetterereignisse
können nur zu einem Teil auf tatsächlich steigende Trends in
Frequenz und / oder Intensität von Ereignissen zurückgeführt
werden. Ein Gros der Schäden war klar bedingt durch ein Anwachsen
der exponierten Sachwerte. Besonders schadensträchtige
Ereignisse waren dabei Hochwasser gefolgt von Lawinen,
während die höchsten Opferzahlen während der Hitzewelle
2003 verzeichnet wurden. Eine wesentliche Rolle für das Risikomanagement
spielen entsprechende Rechtsnormen (Bauund
Raumordnung) und Schutzmaßnahmen.
Die Siedlungsräume in Österreich werden zudem von
sommerlichen Hitzewellen sowie in Einzelfällen auch von
Beeinträchtigungen bei der Trinkwasserentstehung betroffen
sein. Die Verkehrsinfrastruktur ist in Österreich besonders
von Massenbewegungen und Hochwässern betroffen. Dass
die entsprechenden schadensauslösenden Niederschläge in
Zukunft zunehmen werden, ist zu erwarten. Wie stark diese
Zunahme genau sein wird, gilt derzeit noch als unsicher.
Sehr wahrscheinlich ist hingegen eine zusätzliche Herausforderung
für die Energieinfrastruktur durch vermehrt auftretende
Hitzewellen bzw. Dürren. Gleichzeitig erhöhte Nachfrage
(vor allem für Kühlungszwecke), stockende Bereitstellung
(Niedrigwasser bzw. Kühlwassermangel) und Gefahren für das
Verteilernetz (Gewitter, oftmals am Ende sommerlicher Hitze-
Dürreperioden, wenn die Nachfrage hoch ist - Gefahr von
Überschlagsspannung) gefährden die Versorgungssicherheit
mit Elektrizität und erhöhen die Gefahr von Black-Outs.
Climate change impacts for the Anthroposphere are significant
and it is very likely that these impacts are leading to structural
damages as well as enhanced threats to human health. Particularly,
the poor, elderly and chronically ill will suffer from
the higher frequency and magnitude of summer heat waves. A
varying potential for the spread of yet non-endemic infectious
diseases is very likely, as well as an increased potential for the
(further) extension of allergenic plant and animal species.
Climate change will very likely trigger increased migration
from developing and newly industrialized countries to Europe.
To which extent this will lead to more immigration to Austria
will depend on policies at the EU- and national levels.
The economic impacts of climate change in Austria will
very likely produce both winners and losers. However, more
precise assessments of the economic impacts are currently only
available for certain sectors. The agriculture and electricity
production sectors show very moderate GDP-alterations directly
in their sectors as well as downstream. The tourism sector
is very likely to exhibit stronger changes within the sector
and also with other up- and downstream sectors (e. g., energy
supply and gastronomy). Within the sector a shift is expected
from winter to summer tourism as well as regionally from the
west (dominated by winter tourism) to the east with seasonally
more diversified tourism.
The natural hazard- and weather-related damages observed
during the last 30 years depend only to a certain extent onhigher
frequency and magnitude of extreme weather events. A
large share of the damage increase is related to growing wealth
and higher assets of the population. The most damaging events
have been floods followed by avalanches, while the largest human casualties have been induced by heat waves. Regulations
and planning standards (e. g., building-regulation and spatial
planning) play a fundamental role in hazard control and disaster
risk reduction.
Settlement areas in Austria will very likely be most affected
by more intense heat waves, while some regions will be further
burdened by constraints in drinking water supply. Traffic infrastructures
in Austria are very vulnerable to mass movements
and flooding, triggered by heavy precipitation events, which
are expected to increase in the future. To which extent frequency
and magnitude of such events may increase remains
uncertain. Instead, the challenge for energy infrastructures in
a warmer and during summer potentially dryer Austria is very
likely to be substantial. Higher energy demand during heat
waves corresponds with supply constraints (due to less effective
cooling water supply), while the threat for power distribution
networks because of flash-overs will be particularly high
especially during thunder storms at the end of summer heat
waves and droughts when cooling demand is at peak.
Originalsprache | Deutsch |
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Titel | Österreichischer Sachstandsbericht Klimawandel 2014 |
Redakteure/-innen | Helga Kromp-Kolb, Nebojsa Nakicenovic, Karl Steinninger, Andreas Gobiet, Herbert Formayer, Angela Köppl, Franz Prettenthaler, Johann Stötter, Jürgen Schneider |
Seiten | 641-704 |
Seitenumfang | 64 |
Publikationsstatus | Veröffentlicht - 2014 |
Research Field
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