Abstract
Die Funktion des menschlichen Körpers wird von zahlreichen physikalisch messbaren Größen begleitet, die im weitesten Sinne als Biosignale bezeichnet werden können und von der Aktivität lebender Zellen und Zellverbände herrühren. Biosignale sind somit sehr eng mit der Funkionsfähigkeit des menschlichen Organismus gekoppelt. Bioelektrische Signale nehmen in der Biomedizinischen Technik eine herausragende Stellung ein, da sie einfache Rückschlüsse über die Vitalität eines Individuums ermöglichen. So zeigt beispielsweise das Elektrokardiogramm (EKG) die elektrische Aktivität des Herzens, das Elektroenzephalogramm (EEG) die des Gehirns, das Elektrookulogramm (EOG) die der Augen und das Elektromyogramm (EMG) die elektrische Aktivität der Muskeln an [Wieb03]. Das Anwendungsfeld der Analyse, Gestaltung und Bewertung von Mensch-Maschine-Systemen versucht, Biosignal zu nutzen, um die Technik an den Menschen anzupassen. Der umgekehrte Fall der Anpassung, Mensch passt sich an Technik an, erfolgt ständig, teils unbewußt durch Beobachten und Probieren, teils gezielt durch Lernen. Ein Mensch-Maschine-System ist durch folgende Merkmale gekennzeichnet [Wandke90]:
- Das Zusammenwirken erfolgt durch den Austausch von Informationen
- Der Informationsaustausch ist wechselseitig
- Der Informationsaustausch erfolgt teilweise vermittelt, d.h. nicht alle Informationen über die Maschine, den Prozess und die Umgebung sind direkt wahrnehmbar. Typisch für Mensch-Maschine-Systeme ist, dass Daten über Messgeräte und Sensoren erfasst, transformiert, übertragen und über spezielle Anzeigen (z.B. Zeiger und Skalen, Zählwerke, Bildschirmanzeigen) wahrnehmbar gemacht werden. Auch die Eingriffe des Menschen erfolgen weitgehend vermittelt, d.h. über Bedienelemente (z.B. Schalter, Knöpfe).
- In einem Mensch-Maschine-System verfolgt der Mensch bestimmte Ziele, wie etwa den sicheren Ablauf eines Prozesses.
Mittels des Mensch-Maschine-Systems soll die Steuerung der Technik, wie beispielsweise eines Rechnersystems, vereinfacht werden, indem die Technik Informationen in Form von Biosignalen erhält. Diese Kommunikationssysteme zwischen Mensch und Maschine stellen eine auf die Maschine hin gerichtete Verbindung dar und bestehen aus beliebigen biophysikalischen Größen des Individuums. Auch falls die Mensch-Mensch-Kommunikation, z.B. aufgrund von körperlicher Behinderung, nicht stattfinden kann, ist es möglich, ein technisches Kommunikationssystem (Maschine, Maus) als Zwischenglied einzusetzen. Als Kommunikationsmedium werden herkömmlich Mimik, Gestik, Sprache, Kopfbewegung. Speziell für Computernutzer sind alltägliche Biosignale wie Finger- und Handbewegung zur Bedienung der Tastatur oder der Computermaus evident. Kommunikationsmedien auf der Basis von elektrophysiologischen Biosignalen sind dagegen weniger weit verbreitet. Ansätze existieren auf der Basis von EMG, EOG und EEG hinsichtlich eines Brain-Computer-Interfaces (BCI) [Guger et al.].
Eine Steuerung mittels EOG bzw. EMG kann eine große Hilfe für solche Anwender bedeuten, die keine Möglichkeit haben, ihre Hände zu einer Steuerung bzw. Eingabe zu nutzen. Alternative KOmmunikationsmedien auf der Basis von elektrophysiologischen Signalen können hilfreich für eine große Gruppe von Andwendern sein. Für jede Person, die mit einer Maschine bzw. Computer kommunizieren will bzw. die eine Maschine zur Kommunikation mit dem Menschen nutzt, kann ein solches Kommunikationssystem eine Bereicherung im Alltag sein. Es wäre somit nicht zuletzt für Menschen mit körperlicher Behinderung eine Bereicherung in vielen Lebensbereichen.
In einer Recherche ist zu ermitteln, welche Anwender mit körperlicher Behinderung bzw. motorischer Einschränkung von einer Steuerung mittels EOG- bzw. EMG-Signalen profitieren könnten. Diesbezüglich muss weiterhin geklärt werden, inwieweit entsprechende Beeinträchtigungen die elektrophysiologischen Signale beeinflussen.
In der Praxis ergibt sich eine Schwierigkeit in der Datenaufnahme dieser elektrophysiologischen Signale, bei der Plazierung und der Vernetzung der Elektroden mit dem Benutzer und den entsprechenden Biosignalverstärkern. Dazu wird derzeit eine Vielzahl von Kabeln benutzt, die umständlich in ihrer Anwendung sowie für den Benutzer im alltäglichen Gebrauch nicht praktikabel sind.
Um die Anwendung zu vereinfachen, wird für die Vernetzung der Elektroden untereinander und mit dem Biosignalverstärker im Besonderen als kabellose Verbindung über ein so genanntes "Body-Area-Network" (BAN) realisiert.
Dabei sollen existierende Spezifikation von BAN-Systemen recherchiert und auf ihre Verwendung hinsichtlich der EOG-Datenerfassung geprüft werden. Es sind geeignete Verfahren zur günstigen und benutzerfreundlichen Aufnahme von EOG-Signalen im Verbund mit dem BAN heraus zu arbeiten. In diesem Zusammenhang ist auch die Art und Platzierung möglicher Elektroden ein wichtiger Punkt der Arbeit. Es muss geprüft werden, welche Qualität die gemessenen Signale haben und inwieweit diese weiter zu verarbeiten sind.
Aus dem EOG-Signal soll vorerst ein Trigger detektiert werden, über den der Anwender in der Lage ist, Schaltvorgänge, wie beispielsweise ein Mausklick, auszulösen. Darüber hinaus soll der Anwender auch in der Lage sein, mittels seiner Augenbewegung den Mauszeiger auf den Computerdesktop in seiner Bewegung zu steuern.
In Hinblick auf eine Anwendergruppe von Menschen mit Behinderung soll die Entwicklung der Steuerung möglichst praxisbezogen stattfinden. Im Verlauf der Arbeit werden Messungen und Versuche mit möglichen Anwendern durchgeführt. Die Entwicklung der Algorithmen zur Auswertung der Signale hinsichtlich der Steuerung erfolgt an Realdaten. Im ersten Schritt sind dafür mittels eines Softwaresystems Datensätze von EOG-Signalen aufzuzeichnen, aus denen etwaige Muster zur Steuerung gewonnen werden können. Die Auswertung und Analyse erfolgt vorerst offline.
Anhand der gewonnen Erkenntnisse soll eine Signalverarbeitung entwickelt werden, die zur Steuerung eines Rechnersystems dienen kann. Die Entwicklung der Signalverarbeitung muss dabei auf günstige Verstärkung, Filterung und entsprechende Detektierungsalgorithmen der elektrophysiologischen Signale ausgerichtet werden. Im weiteren Verlauf der Arbeit erfolgt die Implementierung in ein Online-Verarbeitungssystem, welches dem Benutzer eine Rechnersteuerung mittels Augenbewegung erlaubt. Um diese Technologie in ihrer Weiterentwicklung für eine praktische Anwendung attraktiv zu gestalten, ist auf einen einfachen und miniaturisierten Aufbau zu achten. Ebenso sollen wirtschaftliche Aspekte wie Kosten der Apparatur und die Zulassung eine Rolle spielen.
Originalsprache | Deutsch |
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Gradverleihende Hochschule |
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Publikationsstatus | Veröffentlicht - 2005 |
Research Field
- Nicht definiert