IEA Industrielle Energietechnologien und Systeme (IETS) Task 19: Elektrifizierung der Industrie

Simon Moser, Gerwin Drexler-Schmid, Thomas Kienberger, Jana Reiter, Hans Böhm, Johannes Lindorfer, Andreas Zauner, Sophie Beatrice Knöttner, René Hofmann, Christoph Sejkora, Johannes Dock, Maedeh Rahnama, Jürgen Fluch, Christoph Brunner, Wolfgang Gruber-Glatzl

Publikation: Bücher und BerichteBericht

Abstract

Unter Elektrifizierung der Industrie soll jede Änderung der industriellen Prozesse und der vorgelagerten Energieversorgungskette verstanden werden, welche aus der Umstellung auf erneuerbaren Strom als Primärenergiequelle für die in industriellen Prozessen verwendete Energie resultiert. Ziel der Elektrifizierung der Industrie ist die Reduktion der zurechenbaren CO2-Emissionen: Die Elektrifizierung industrieller Prozesse leistet, wenn die Versorgung über Strom aus erneuerbaren Quellen erfolgt, einen wesentlichen Beitrag zur CO2-Emissionsreduktion. Eine Reduktion der CO2-Emissionen kann natürlich auch über andere erneuerbare Energiequellen oder über den Effizienzpfad erfolgen. Die Elektrifizierung der Prozesse bzw. die elektrische Energiebereitstellung hält aber aufgrund der umfassenden Nutzbarkeit des Energieträgers (inkl. in der indirekten Form von Elektrolyse-Wasserstoff) und der bisherigen Fokussierung der Energiewende auf strombasierte Technologien eine besondere Position inne.
Die Elektrifizierung kann in unterschiedlichen Formen erfolgen. Dies haben Erhebungen im Zuge der internationalen Task-Arbeit bestätigt. Zum einen geht es um die Elektrifizierung durch die stärkere Nutzung strombetriebener Prozesse wie z.B. Pumpen und Antriebe. Der Fokus des Tasks liegt jedoch auf der Prozesswärme. Hier bedeutet die direkte Elektrifizierung die Bereitstellung von Wärme, meist auf Temperaturniveaus über jenen, die heute von Wärmepumpen versorgt werden bzw. zukünftig versorgt werden sollen. Auch auf alternative mechanische Verfahren, z.B. mittels Membranen anstelle von thermischen, wird verwiesen. Elektrisch betriebene Wärmepumpen sind ein weiterer Aspekt der Elektrifizierung, da durch deren Einsatz eine hohe Effizienz gegeben ist und Rest- oder Überschusswärme genutzt werden kann. Des Weiteren kann die Elektrifizierung indirekt erfolgen, über Elektrolyse-Wasserstoff oder Elektrolyse-Wasserstoff-Derivate wie Substitute Natural Gas. Allgemein wurde Power-to-X, auch im Bereich der chemischen Industrie, als Themenstellung erkannt, CCUS wurde auf Ebene des internationalen Tasks aber ausgeklammert, um den Scope nicht zu weit auszudehnen; in den nationalen Arbeiten ist CCUS aber enthalten. Abschließender Aspekt ist die System-bezogene Betrachtung der Elektrifizierung, d.h. vor allem ihre Auswirkung auf das Energie- und insbesondere Stromsystem inkl. Aufbringung, Netzen, Demand Response und Speicherung.
Die internationale Task-Struktur hat sich im Laufe der Teilnahme mehrfach geändert und die österreichische Task-Beteiligung hat effektiv zu deren inhaltlichen Entwicklung beigetragen. Der Task hat nun zwei Subtasks erfolgreich abgeschlossen (Subtask 1 „Mapping of activies“, abgeschlossen im Jahr 2020, und Subtask 2 „Enabling a shared view on system aspects of industrial electrification“, inhaltlich abgeschlossen Anfang 2023 und final freigegeben beim ExCo-Meeting im November 2023. In diesem zweiten Subtask wurden die folgenden inhaltlichen Aktivitäten behandelt:
•Ermöglichung einer gemeinsamen Sicht auf den aktuellen Stand der industriellen Elektrifizierung, sowie
•Ermöglichen einer gemeinsamen Sicht auf die aktuellen Erkenntnisse und Wissenslücken zuSystemauswirkungen, einschließlich Infrastruktur und Sektorkopplung.
•Daneben erfolgten Tätigkeiten zur Vernetzung mit anderen IETS Tasks und IEA TCPs, sowieSchritte zur Fortführung der Task 19-Arbeit.
Die gesamten technischen Potenziale an erneuerbaren Energieträgern in Österreich sind nicht aus-reichend, um den aktuellen inländischen Primärenergieverbrauch aller Sektoren zu decken. Aus diesem Grund sollten einerseits alle technischen Potenziale ausgebaut werden und gleichzeitig muss die Primärenergieeffizienz deutlich erhöht werden. Andernfalls sind erneuerbare Energieim-porte (z.B. Strom oder Wasserstoff) notwendig, wovon auszugehen ist. Die räumliche Analyse hat gezeigt, dass das erneuerbare Potenzial relativ gleichmäßig in Österreich verteilt ist. Demgegen-über ist der Primärenergieverbrauch insbesondere in den industriellen bzw. urbanen Regionen konzentriert. Die zeitliche Analyse der erneuerbaren Potenziale sowie der derzeitigen elektrischen Last zeigt auf, dass zukünftig insbesondere der saisonale (Sommer – Winter) sowie der tägliche Ausgleich (Tag – Nacht) relevant sein werden. Die zukünftige Infrastruktur muss sowohl diese zeit-lichen sowie regionalen Unterschiede ausgleichen. In Zukunft kann Demand Response die öffentli-che Energieinfrastruktur bei diesem Ausgleich entlasten. Um eine elektrifizierte industrielle Pro-duktion in großem Maßstab zu erreichen, sind Überlegungen zur Überdimensionierung und Spei-cherung (bzw Zwischenproduktlagerung) erforderlich, um Flexibilität anbieten zu können. Eine Umstrukturierung der Branchen, einschließlich der Umstellung auf Batch-Prozesse oder der Beibe-haltung kontinuierlicher Prozesse mit Pufferkapazität, ist möglich. Die Häufigkeit hängt vom regio-nalen Kontext und der Ressourcenverfügbarkeit ab. Auf internationaler Ebene wird angestrebt, den IETS Task 19 in einem neuen Subtask 3 fortzuset-zen. Der Fokus soll dabei eingeengt werden, um klarer definierte gemeinsame Arbeiten durchzu-führen. Im Entwurf zum Abschlussbericht des internationalen Tasks werden die Aktivitäten Map-ping of Industrial Electrification Developments, Deep dive on electrified industrial processes, sowie The role of industrial electrification in industrial decarbonization, vorgeschlagen.
OriginalspracheDeutsch
Seitenumfang33
PublikationsstatusVeröffentlicht - Juli 2024

Research Field

  • Efficiency in Industrial Processes and Systems

Schlagwörter

  • Elektrifizierung
  • Industrie
  • Wärmepumpe

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