Abstract
Im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft "Inte- gration durch Kompetenz" wurde von An- fang weg auch die Gruppe jener Kin- der/Schüler berücksichtigt, die spezielle Lernstörungen aufweisen. Aus der Beratungstätigkeit in der Kinderklinik Linz und im Zentrum Spattstraße ist bekannt, daß immer wieder Kinder zur Begutachtung vor- gestellt werden, die Probleme beim Lesen, Rechnen und Schreiben haben, aber eine gute intellektuelle Leistungsfähigkeit aufwei- sen. Eine bewährte Hilfestellung für diese Kinder besteht im Üben spezieller Wahrneh- mungsfertigkeiten, die in sogenannten Wahr- nehmungstrainings angeboten werden. Bei diesen Trainings werden strukturierte Ar- beitsblätter mit steigendem Schwierigkeits- grad vorgegeben. Dabei werden die sensi-
bien Funktionen des Wahrnehmens wie Se- hen, Hören, Bewegen, Koordinieren, Erfas- sen von Serien, u.ä. geschult. Dahinter steht die Annahme, daß diese Funktionen wesent- liche Voraussetzungen für das Erlernen des Lesens und Schreibens sind und daß diese Kinder diese Fertigkeiten noch nicht genÜ- gend beherrschen. Eine andere Erkenntnis sagt, daß bei dieser Gruppe von Kindern all- gemeine Sprachprobleme in der bisherigen Entwicklung festzustellen sind. Bisher wur- den die Wahrnehmungstrainings in Form von Heften oder Arbeitsbüchern angeboten. Die Verbreitung des Computer (PC) bis hin- ein in die Haushalte und Familien macht es nun auch interessant, Lernprogramme für die allgemeine Wahrnehmung und für das Erler- nen der Kulturtechniken zu entwickeln. Es ist bekannt, daß bereits ein großes und wachsendes Angebot an Lernsoftware vor- I iegt, das aber fast aussch I ießI ich i n Deutsch- land und der deutschsprachigen Schweiz produziert wird und daher auf diese Umwel- ten abgestimmt ist. Dieser Umstand war und ist uns Ansporn, einerseits diese Programme auf ihre Brauchbarkeit hin zu überprüfen und andererseits die Frage zu stellen, ob eine spe- ziell auf unsere Umwelt abgestimmte Soft- ware entwickelt werden kann.
Die erste Aufgabe stellten wir uns darin, die erhältliche Lernsoftware für die FÖrde- rung der Grundkenntnisse in Schreiben, Le- sen und Rechnen zu sichten und zu erpro- ben. Bei dem großen Angebot war allerdings eine Auswahl für den praktischen Einsatz nÖ- tig. Nachdem eine Auswahl an Lernsoftware zur Verfügung stand, konnte mit der Anwen- dung für den Übungseinsatz begonnen wer- den.
Die zweite Aufgabe erfolgte in einer For- schungsstudie über die Wirksamkeit ausge- wählter Software-Programme hinsichtlich ei- ner Verbesserung im Lesen und Rechtschreiben bei Kindern mit einer festge- stellten Lese-Rechtschreibschwäche. Diese Studie läuft gerade. Darin sind Kinder zwi- schen 8 und 10 Jahren erfaßt, die über 8 Wo- chen zu Hause nach einem bestimmten Pro- gramm üben und vorher, wie nachher mit psychodiagnostischen Verfahren überprüft werden.
Seit November 1998 werden Beratungen für Kinder mit Teilleistungsstörungen ange- boten, in denen ihnen die unterschiedlichen Lernprogramme ausschnittweise vorgestellt werden und Teile daraus durchgeführt wer- den, worin oftmals testdiagnostisch gefunde- ne Erkenntnisse nochmals in der praktischen Anwendung überprüft werden können. z. B.: Wurde in einem Test eine deutliche Schwä- che im Erkennen der Raumlage festgestellt, so kann mit Hilfe einer Übung, die diese Fer- tigkeit lehrt bzw. übt, deren praktische An- wendung beim Kind selbst beobachtet wer-
den. Die Beratung über Lernsoftware stellt eine Erweiterung des Beratungsinhaltes dar und ist (noch) keine eigenständige Beratung, sondern bleibt im Kontext der bisher geübten Beratungspraxis beider genannten Stellen.
Kinder mit Lernschwierigkeiten haben meist eine mehr oder weniger starke Abwehr gegenüber jedem Versuch des Lernens oder Übens. In manchen Fällen ist das Verhältnis zu den Eltern (meist Mutter) schon sehr bela- stet und anfällig für Eskalationen. Diese Er- fahrung nützen manche Programme so aus, daß das Lernprogramm in einen für das Kind "unauffälligen" Spielkontext eingebaut ist und so die ersten Signale für das Auftreten der Abwehrhaltung beim Kind umgangen werden. So kann man die Programme der Motivation des Kindes anpassen und je nach Vertrautheit im Umgang mit dem Computer kann stufenweise unter Rücksichtnahme auf das Kind eingestiegen werden. Ein anderer Effekt kann darin bestehen, daß das Kind lernt, ohne es zu bemerken.
Nach einem Jahr Erfahrung in dieser Bera- tungsarbeit können wir erste Schlüsse zie- hen.
.Die Menge an angebotener Lernsoftware ist nahezu unüberschaubar, da sie täglich wächst. Für den Anwender und Konsu- menten stellt es eine große Hürde dar, sich qualitativentsprechend zu entscheiden. Die pädagogisch qualifizierte Beratung können die Geschäfte kaum bieten und bewältigen, die ist aber gerade in diesem Bereich für den Kunden unbedingt not- wendig.
.Für die Mehrzahl der Kinder hat der Com- puter einen hohen Aufforderungscharakter und weckt unwillkürlich das Interesse auch für das bemängelte Lernfeld. In vie- len "Spielen" kommen die Kinder zu Erfol- gen, die sie weiterbringen. Die Korrektu- ren des Computers werden vom Kind emo- tionsfreier angenommen und nicht als An- griff gegen ihre Person. Die Kinder sind oft motiviert bessere Ergebnisse zu erzielen'. Der "kritiklose" Lernkontakt mit dem Com- puter hat auf die Eltern-Kind-Beziehung eine entspannende Wirkung.
Unruhige, ablenkbare Kinder bleiben oft länger am PC sitzen und arbeiten ein Spiel durch als sie dies mit Heft und Bleistift tun würden.
Von der Lernsoftware sind keine Wunder zu erwarten, es wird weiter notwendig sein eine genaue Diagnose zu stellen, um ein Bild über die Störung/Schwäche zu be- kommen und daraus ein individuelles Lern-bzw. Förderprogramm zu erstellen.
Manche Lernprogramme sind in der An- wendung begrenzt und rigid und führen dadurch zu einer baldigen Übersättigung bzw. könnte sie nicht mehr das notwendi- ge Interesse beim Kind erzeugen.
Über das Medium Computer werden neue Lernwege für die Kinder erschlossen, die eine andere Art des Lernens erfordern.
Originalsprache | Deutsch |
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Seiten (von - bis) | 19-21 |
Seitenumfang | 3 |
Fachzeitschrift | Heilpädagogik |
Publikationsstatus | Veröffentlicht - 2000 |
Research Field
- Nicht definiert
Schlagwörter
- Bewegen
- Koordinieren
- Sprachprobleme